Für die Zukunft der Arbeit: Hubertus Heilsbringer schenkt Mut, Lied und Schippe

Hiermit erkläre ich Hubertus Heil (SPD) einstweilen zum Posterboy meiner Arbeitswerttheorie.

Ein Arbeitsminister, der offenbar die gesellschaftliche und moralische Bedeutung von Arbeit verstanden hat und eingedenk dessen nachhaltige Politik betreibt, ist ein Novum und Hoffnungsanker im Wandel der Arbeit.

Bei aller Liebe: man bleibe kritisch! Fürs erste sehe ich allerdings keinen Grund dazu.

Es ist nämlich zu schön: Arbeitsminister Heil interessiert sich offenbar nicht nur wirklich für neue Technologien und Digitalisierung und wie diese unsere Arbeit verändern werden; er will das Ganze auch so regeln, dass es gut für uns ausgeht: Vergangenheitsbewusst (Wirtschaftskrise von 2009) und zukunftsgerichtet plant Heil deshalb einen Gesetzentwurf als „Instrumentenkasten für den Strukturwandel“ , mit dem sich das Lied der Arbeit als Hymne einer funktionierenden Gesellschaftsordnung intonieren lässt. Vorerst heißt es „Arbeit-von-morgen-Gesetz“, was zugegebenermaßen etwas albern klingt, aber eigentlich auch nur von der Verwirrung angesichts dieser morgigen Arbeit zeugt. Man wird nun mal erst sehen müssen.

Zunächst ließ Heil jetzt von einer möglichen Neuregelung der Kurzarbeit hören, um Arbeitnehmende besser vor Arbeitslosigkeit zu schützen und dadurch Entlassungswellen und infolge deutliche Konjunktureinbrüche zu vermeiden. Er hat Vertretenden von Wirtschaft und Gewerkschaften sehr gut zugehört und ihre Forderungen im Kern zusammengebracht: So sollen die Unternehmen Kurzarbeit künftig einfacher und schneller bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) beantragen können und von ihr gefördert möglichst mit Qualifizierungsmaßnahmen verbinden. Konjunkturkrisen sollen so bewusst genutzt werden, um Arbeitende im technischen Fortschritt weiter beschäftigungsfähig und die deutsche Wirtschaft so weiter konkurrenz- und innovationsfähig zu halten. Statt Kopf in den Sand also Schippe in die Hand. Im Herbst will Heil seinen Gesetzentwurf im Detail vorstellen; das Bisherige klingt vielversprechend und vor allem so, als hätte Heil wirklich verstanden, was Arbeit für eine Gesellschaft und ihre Mitglieder bedeutet.

Als Arbeiterkind wird Heil wissen, dass es im Leben nicht immer nur bergauf geht und die Zeiten nicht immer rosig sind; dass man beizeiten anpacken muss, weil das, was da ist, möglicherweise irgendwann nicht mehr da ist und dass man sich weiterentwickeln muss, weil die Welt sich eben auch weiterdreht. Das vor Augen zu halten, bedeutet ganz und gar nicht, eine Krise herbeizureden, sondern zu wissen, dass die Krise irgendwann kommt (und, so würde Hegel hier einwenden, als Motor des Fortschritts kommen muss) und dass es besser ist, langfristig, informiert, ruhig und vor allem gemeinsam zu klügeln, als kurzfristig schlechte Entscheidungen treffen. Es bedeutet, Verantwortung zu übernehmen und – im Falle des Arbeitsministers – eine Problemlage abzumildern, für die man vermutlich gar nicht mehr zuständig sein wird.

Um seine eigene politische Existenz geht es Heil deshalb erfrischenderweise eindeutig nicht, vielmehr um die Subsistenz jedes einzelnen Menschen und damit unserer Gesellschaft, die nach wie vor eine Arbeitsgesellschaft ist; wo also Arbeit allererstes Integrationsinstrument und Grundlage der solidarischen Ordnung ist, die uns allen ein vergleichsweise gutes, sicheres Leben ermöglicht. Arbeit sichern heißt gesellschaftlichen Zusammenhalt sichern heißt Gesellschaft sichern heißt Wohlstand sichern heißt Arbeit sichern. Es kann auch schön sein, wenn die Katze sich in den Schwanz beißt.

Heil scheint das zu wissen und auch, dass wir nicht wirklich kompetent abschätzen können, was der laufende technologische und strukturelle Wandel mit der Konjunktur anstellen wird und wie gut Deutschland hier tatsächlich aufgestellt ist. Deshalb gibt er große Teile der Rücklagen der BA für individuelle Arbeitsplatzsicherung und Qualifizierung frei, was im laufenden Wandel das allerbeste Instrument zur gesamtgesellschaftlichen Arbeitsplatz- und dann Wohlstandssicherung ist: In wirtschaftlicher wie in moralischer Hinsicht, denn nichts gefährdet sozialen Zusammenhalt und sozialen Frieden so sehr wie Massenarbeitslosigkeit und Armut; kaum etwas ist für gelingende Lebensführung in individueller und gesellschaftlicher Hinsicht so bedeutsam wie Arbeit und der Besitz eines als sinnvoll erlebten Arbeitsplatzes. Arbeit ist für alle da!

Hubertus Heil betreibt bislang eine Arbeitsmarktpolitik, die genau das zur Geltung und in Gesetze bringt; die Arbeit nach ihrer Abwertung durch die Hartz IV-Reformen wieder aufwertet und ganz allmählich ihren tatsächlichen gesellschaftlichen und moralischen Wert entdeckt.

Die Arbeitsphilosophin bleibt kritisch, aber heute findet sie keinen Grund zur Kritik.

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