Ich weiß nicht, wie oft ich im letzten Jahr diesen Beitrag begonnen und dann doch wieder alles verworfen habe. Ohne, dass es ein Vorsatz wäre, will ich nun einfach aus dem Jetzt schreiben und ins Auge fassen, was war und was kommen soll.
Das Einlösen meines Anspruchs, hier Substanzielles über meine Forschung zu berichten, scheiterte an so vielem. Bekanntlich müssen erst die existenziellen Grundbedürfnisse erfüllt sein, bevor man über sie hinaus kann. So eine Pandemie geht einen, gerade als Freischaffende, doch ganz gewaltig an. Zwischen weitestgehend geschlossenen Bibliotheken, Homeschooling, 24/7 Care Work, institutionellen Verpflichtungen und Bedingungen, unter denen jede*r ganz unterschiedlich auf sich selbst zurückgeworfen sein musste, war echtes Forschen für mich im letzten Jahr so gut wie unmöglich.
Deshalb bin ich die meiste Zeit auf meinem zweiten Standbein gelaufen: Als Lektorin habe ich verschiedene Projekte vor allem aus dem weiteren Feld meiner eigenen Forschungsschwerpunkte betreut. Diesen Teil meiner Tätigkeit liebe ich sehr. Er ist kreativer Austausch, interessante und wertschätzende Begegnung, produktive Kooperation und persönliche wie intellektuelle Weiterentwicklung. Es ist unheimlich anregend, hin und wieder mit anderen Themen konfrontiert zu sein und doch Verbindungen zu entdecken, die ganz neue Perspektiven eröffnen. Ich bin den Menschen, die mich auf diese Weise an ihrer Arbeit teilhaben lassen, wirklich dankbar. Und es ist auch, wie ich finde, ein guter Weg, anderen Forschenden unter diesen schwierigen Bedingungen unter die Arme zu greifen, denn Wissenschaft lebt vom kritischen Austausch.
Zwei eigene Texte konnte ich dem Jahr aber auch abringen. Die Veröffentlichung des größeren steht noch aus, den anderen kann ich hier schon verlinken.
Zu dem als Band 12 der Reihe „Human Ressources Consulting Review“ von Antonia Sureth und Jens Nachtwei herausgegebenen Sonderband „Zukunft der Arbeit“ (November 2020) durfte ich einen Beitrag darüber beisteuern, „Wie Digitalisierung Arbeit menschlicher macht“. Darin diskutiere ich, warum gerade die Digitalisierung und durchdringende Technisierung von Arbeit uns die Chance eröffnet, Arbeit als wirklich menschliche Praxis zurückzugewinnen.
Hier geht es zum Download des Beitrags.
Gerade in Sachen Digitalisierung, Arbeit und Arbeitsorganisation ist im vergangenen Jahr viel durcheinandergewirbelt, entwickelt, offenbart, erkannt und auch verkannt worden. Als Mutter eines Schulkindes wurde ich ziemlich hart mit der praktischen Realität des Digitalisierungsfortschritts in Deutschland konfrontiert. Meine ganz persönliche Erfahrung, dass er im Kontext Schule einfach nicht stattgefunden hat, wird meine Forschungsarbeit ganz sicher prägen, denn die Zukunft der Arbeit wird ja auch in den Schulen gemacht. Im neuen, gestern verlängerten Lockdown geht nun alles weiter wie bisher; zehn Monate nach Beginn der ersten pandemiebedingten Schulschließung ist alles wie am ersten Tag. Für ganz viele Unternehmen gilt das ganz genauso. Warum?
Das Forschen wird also auch in den nächsten Monaten nicht leichter. Dennoch will ich versuchen, das alles zu sortieren und das Bild wie das gegenwärtige Narrativ von Arbeit auf seinem aktuellen Stand zu beschreiben. Nach Hegel ist Krise Fortschritt; und die gegenwärtige vielleicht einer hin zur Wiederaneignung von Arbeit.