Die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens wird diskutiert als mögliche Alternative zur Vollbeschäftigungsgesellschaft: Wenn, wie Hannah Arendt – inzwischen vielzitiert und kaum seltener kritisiert – prophezeite, der Arbeitsgesellschaft die Arbeit ausgeht, müssen die bislang an Arbeit gebundene Sicherung von Existenz, gesellschaftlicher Teilhabe und bestimmter Rechtsansprüche andere Instrumente leisten. Und wenn – diese Zeit- und Gesellschaftsdiagnose ist fraglos unstrittig – bestimmte Formen der Arbeitsorganisation krank machen können, muss sie gleichfalls humanisiert werden. Mittel zum Zweck, so die Idee der Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens, könnte die Neuorganisation der Subsistenzsorge sein: Ein bedingungsloses Grundeinkommen soll vom Zwang zur finanziellen Existenzsicherung befreien, der gelegentlich scheinbar nichts anderes übrig lässt, als sich in prekären Arbeitsverhältnissen selbst auszubeuten. Die Fürsprecher eines solchen Grundeinkommens verstehen Freiheit also offenbar zuallererst als Freiheit von existenziellen Nöten: In diesem Sinn selbst verwirklichen könne sich der Einzelne erst, wenn er seine eigene Tätigkeit wirklich frei wählen dürfe.
Nun darf diese Debatte nicht übersehen, dass einer der bedeutendsten Geburtshelfer des modernen Freiheitsgedankens eine ganz andere Auffassung vertritt. Hegel geht in einem viel stärkeren Sinn davon aus, dass Freiheit als Selbstverwirklichung für den Einzelnen allein tätig zu erlangen sei: Nämlich gerade nicht, wenn dieser einer seinen Wünschen und Talenten am meisten entsprechenden Arbeit nachgeht, sondern wenn er – durch existenzsichernde und also notwenige Arbeit – über seine egoistischen Interessen hinaus die Bedürfnisse anderer mitbefriedigt. Nur dann, wie Hegel in seiner berühmten Dialektik von Herr und Knecht illustriert, kann das Subjekt bürgerliche Ehre gewinnen und zu sich selbst gelangen: wenn es als Mitglied der Gesellschaft seine Fähigkeiten und Talente zu deren Wohl einsetzt und nicht mehr konsumiert oder am gesellschaftlichen Reichtum partizipiert, als es auch selbst dazu beiträgt, in materieller und immaterieller Hinsicht. Weiterlesen →